
“Komm lass` uns eine Selbsthilfegruppe gründen!”
Eine Selbsthilfegruppe gründen? Wie geht das und was muss man beachten? #wirhilft ist für unsere Autorinnen unumstritten. Aber wer hilft den Menschen, die hinter den Selbsthilfegruppen stehen? Und von wem können sich Aktive beim Gründen ihrer Selbsthilfegruppe Rat holen? Ein Erfahrungsbericht, der Mut macht, sich selbst zu engagieren.
Am Anfang war ein Vortrag
Im Winter 2016 besuchten wir drei Freundinnen, Christine, Gabi und Regine, einen Vortrag der Volkshochschule Kitzingen. Das Thema: „Erkenntnisse, Ansätze und Behandlungsmöglichkeiten von Depressionen“. Wir waren überrascht, dass mit uns gut 300 Personen dem Vortrag folgten. Bei sonstigen Veranstaltungen ist das selten der Fall.
Das große Interesse an dem Thema zeigte sich auch nach Ende des Vortrags. Es ergaben sich zahlreiche Gespräche mit wildfremden Menschen im Foyer, die sicher eine Stunde dauerten. Wir waren erschüttert, wie groß das Leid und die Not dieser Menschen waren. Wir wollten helfen und bekamen das „Thema“, auch aus teilweise eigener Betroffenheit heraus, nicht mehr aus dem Kopf.
Zunächst informierten wir uns über die Fachstelle für Bürgerschaftliches Engagement und Seniorenfragen beim Landratsamt Kitzingen. Hier wurden wir an die Selbsthilfekontaktstelle beim Paritätischen Wohlfahrtsverband in Würzburg verwiesen.
Viele Fragen und Antworten
Wir nahmen telefonisch Kontakt auf. Schon zwei Tage später erhielten wir einen ersten Beratungstermin mit dem zuständigen Mitarbeiter Andreas Selig. Das Gespräch konnten wir in eigenen Räumen in Kitzingen führen. Das Gespräch stellte für uns schon eine große Erleichterung dar. Denn es gingen uns viele Fragen und Sorgen durch den Kopf:
Was passiert uns, wenn was im Rahmen der Selbsthilfegruppe passiert? Sind wir versichert? Was ist, wenn jemand von der Brücke springt? Wie können wir starten? Wie finden wir Interessierte? Was beinhaltet so ein Gruppenabend und was sind überhaupt unsere Rechte und Pflichten?
Egal was wir auch fragten, wir fühlten uns ernst genommen und bekamen auf jede Frage eine qualifizierte Antwort. Nach diesen Stunden mit Herrn Selig waren wir entschlossen: „Wir machen das! Wir gründen eine Selbsthilfegruppe zum Thema Depressionen!”
Den Start unserer Selbsthilfegruppe „Gemeinsam aktiv gegen Depression“ setzten wir auf Juli 2017 fest. Das erste Treffen machten wir in der kleinen Gemeinde Mainbernheim über die lokale Presse bekannt.
Wir waren nervös und unsicher, ob da überhaupt jemand kommt!? Doch bereits beim ersten Treffen waren es 14 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Alleine aufgrund unseres Inserats!
Unsere Selbsthilfegruppe war gegründet!
Aus dieser ersten Gruppensitzung entwickelte sich ein harter Kern. Daneben traten immer wieder neue Mitglieder ein. Andere verabschiedeten sich, weil sie sich besser fühlten oder in eine andere Lebenssituation kamen. Unsere Gruppenstärke blieb jedoch bis heute stabil bei 14 bis 18 Teilnehmenden.
2018 konnten wir dann mit unserer Gruppe in das Stadtteilzentrum der Siedlung in Kitzingen umziehen. Seitdem finden dort unsere zweiwöchigen Treffen statt. Über diesen Wechsel sind wir sehr dankbar, denn damit ist eine noch bessere Erreichbarkeit für unsere Mitglieder gewährleistet.
Jedes Mal gehen wir mit Vorfreude zu unseren Treffen. Und fast immer gehen wir zufriedener und entspannter nach Hause, als wir gekommen sind. Wir tauschen uns offen über unsere Erkrankung aus. Wir werden gesehen und gehört und spüren, dass wir nicht allein sind.
Gerne nutzen wir auch die Angebote, die uns die Selbsthilfekontaktstelle des Paritätischen regelmäßig zukommen lässt. So haben wir an verschieden Fortbildungen, z. B. zur Idiolektik (Eigensprache) und wirksame Gesprächskultur, teilgenommen. Die Ansätze, die wir dort kennenlernen, können wir dann im Zusammenhang mit unserer Selbsthilfegruppe anwenden.
Selbsthilfekontaktstelle begleitet
Auch wenn es in der Gruppe mal nicht so läuft, steht uns Herr Selig weiterhin unterstützend zur Seite. Er kommt zu uns, hört zu, hat Ideen für Problemlösungen oder zumindest zu deren Minimierung. Mit dem kompetenten erfahrenen Blick von außen hilft er jederzeit weiter. Wir sind sehr froh darüber, einen solchen Ansprechpartner rund um Fragen zur Selbsthilfe an unserer Seite zu wissen.
Wir haben bislang nie bereut die Selbsthilfegruppe gegründet zu haben. Unser Lohn liegt im Geben und Empfangen. #wirhilft echt!
Weitere Informationen zu unseren Autorinnen Christine Robl und Regine Begatik sowie deren Selbsthilfegruppe findest du auf: www.aktiv-gegen-depression.com
Foto: Aktiv gegen Depression