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Ich und meine Progressive Muskeldystrophie: Unsere Autroin im Gespräch mit einer Frau, die ebenfalls im Rollstuhl sitzt.

Ich und meine Progressive Muskeldystrophie

“… wie wir miteinader leben, wir wir miteinander ringen.” Nein, wahrlich einfach war sie nicht. Die Diagnose über die Progressive Muskeldystrophie, die unsere Autorin bereits mit 17 erhielt. Und was danach kam erst recht nicht! In ihrem Artikel beschreibt sie, wie es für sie nach der Diagnose weiterging und wie sie ihre Stärke fand. Denn eines weiß sie heute ganz genau: ” Stärke braucht keine Muskeln”.

„Mit 17 hat man noch Träume …“

so beginnt ein bekannter Schlager.

Ich war 17 Jahre als ich vom Neurologen die Diagnose „progressive Muskeldystrophie“ (im Volksmund Muskelschwund genannt) bekam. Die Aussicht: in zwei Jahren im Rollstuhl zu sitzen.

Es war als würde ich den Boden unter mir verlieren, die Bilder die mir im Kopf herumschwirrten, waren grausam. Ich konnte es nicht glauben – und nein, in einen Rollstuhl – niemals.

Heute bin ich 70 Jahre alt

Die Diagnose kam vor über 50 Jahren. Es sollte noch fast 30 Jahre dauern, bis der Rollstuhl mein fester Sitzplatz wurde.

Meine Krankheit und ich haben uns mittlerweile arrangiert. Wir leben zusammen. Schwere Kämpfe mussten ertragen werden. Niederlagen mussten hingenommen werden. Das Leben kennen lernen, berufliches Fortkommen, Führerschein, Tanzen, vieles was man so als Teenager gerne gemacht hätte, ging für mich nicht. Alle meine Freundinnen um mich herum genossen dies. Auch meinen Wunsch, Dekorateurin zu werden, gab ich auf und machte eine Ausbildung zur Industriekauffrau.

Auf einer Reha nahm alles seinen Anfang

Auf einer der zahlreichen Rehas die nach der Diagnosestellung folgten, lernte ich viele junge Menschen mit gleichen oder ähnlichen Schicksalsschlägen kennen. Und was für ein Glücksfall, ich lernte auch meinen zukünftigen Mann kennen. Alles war gut, die Erkrankung trat in den Hintergrund und bald heirateten wir auch. Aber da war sie wieder, die dunkle Wolke „Krankheit“. Eltern und Schwiegereltern waren gegen ein gemeinsames Leben, weil man mit so einer Erkrankung nicht heiratet.

Mittlerweile sind wir 47 Jahre verheiratet, haben Höhen und Tiefen gemeistert! Seit nunmehr 20 Jahren gibt es für mich nur noch ein Leben fest im Rollstuhl, aber ich liebe „meinen Rolli“, denn er schenkt mir auch Freiheit und Teilhabe am Leben.

Gründung Muselkranken-Stammtisch

Vor 25 Jahren wurde der Muskelkranken-Stammtisch der Deutschen Gesellschaft für Muskelkranke gegründet, und mein Mann und ich gehörten zu den Gründungsmitgliedern. Unser Anliegen ist es, muskelkranken Menschen das Leben mit der Krankheit lebenswert zu gestalten. Es treffen sich einmal im Monat cirka 30 Betroffene.

Unser Motto lautet „ Nicht im Abseits stehen, sondern am Leben teilhaben, und immer versuchen, das Beste aus jeder Situation zu machen“. Stärke braucht keine Muskeln und wer nicht kämpft hat schon verloren!

Es macht mir großen Spaß für muskelkranke Menschen Ansprechpartnerin zu sein, ihnen Mut zur Zukunft zu machen. Sie dabei zu unterstützen, sich mit dieser derzeit noch unheilbaren Erkrankung zu arrangieren, sie anzunehmen, damit zu leben. Hilfe anzunehmen, wenn die Muskeln schwächer werden.

Die Krankheit ist nicht mehr mein „Feind“ – sie geht neben mir, aber ich ignoriere sie.

Ursula Halsband, Deligierte der Deutschen Gesellschaft für Muskelkranke (DGM) – Landesverband Bayern e.V.

Foto: KISS Mittelfranken

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