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Zusammen gegen die Angst bei MASH | Foto: MASH

Angstselbsthilfe wirkt

Die Münchner Angstselbsthilfe MASH

Bereits seit 25 Jahren gibt es in München diesen Ort, an dem Menschen Unterstützung finden. Menschen, für die Angst und/oder Depression zum Problem geworden ist. Dieser Ort ist die MASH – die Münchner Angstselbsthilfe. Seit den Anfängen in 1989 haben tausende betroffene Menschen an den Selbsthilfegruppen der MASH teilgenommen.

Keine Angst vor neuen Wegen

Der Ansatz der MASH hat in der “Szene” viele Freunde – aber es gibt auch kritische Stimmen. Zwar finden die Treffen hier auch in Gruppen statt, aber davon abgesehen gibt es ein paar Punkte, in denen sich das Angebot der MASH von zahlreichen anderen Selbsthilfeangeboten unterscheidet. So gelten etwa strengere Regeln, was die Teilnahme betrifft. Fehlt jemand unentschuldigt oder zu häufig, so wird dies registriert und es werden gegebenenfalls Konsequenzen gezogen. Ebenso zahlen die Mitglieder einen kleinen Beitrag, je nach finanzieller Situation zwischen 5 und 30 € monatlich.

Zahlreichen Angst- und Depressionsbetroffenen hilft der geschützte und verbindliche Rahmen des Konzepts. Für viele ist er wichtig, um sich dem eigenen Thema stellen zu können. Durch die Maßnahmen entsteht insgesamt ein gesteigertes Verpflichtungsgefühl bei den Teilnehmenden. Man hört nicht plötzlich auf zu kommen. Der sanfte Druck macht es der Krankheit schwerer, Gründe gegen den Gruppenbesuch zu finden.

Alles wie sonst auch so

Und in anderen Punkten unterscheidet sich die MASH nicht sonderlich von anderen Selbsthilfegruppen: So sind alle Beteiligten Angstbetroffene und Angsterfahrene, Experten aus eigener Erfahrung, keine Fachleute. 

Moderiert wird natürlich auch von angst- und depressionserfahrenen Gruppenleiter*innen. Die meisten von ihnen haben die Wirksamkeit von Selbsthilfe selber in einer Gruppe bei der MASH erfahren. Für ihre moderierende Rolle erhalten sie bei MASH eine Schulung. Ebenso werden sie durch Fachpersonal in Form von Supervisionen und Fortbildungen unterstützt. Die Treffen haben einen festen Ablauf und Gesprächsregeln in Anlehnung an die Themenzentrierte Interaktion (TZI).

Und dann gibt es da noch das hauptamtliche Team. Das organisiert den Rahmen und unterstützt Gruppenleiter*innen und Teilnehmer*innen bei allen Fragen rund um die Gruppen.

Neu Interessierte können telefonisch oder per Mail Kontakt aufnehmen und sich für einen Infotreff oder ein Einzelgespräch anmelden. Wenn beide Seiten zu dem Ergebnis kommen, dass eine MASH-Gruppe passt, kann ca. zwei Wochen später gestartet werden.

Mit sanftem Druck gegen die Angst

Wie in eigentlich jeder Gruppe steht im Zentrum der Treffen das Sich-Öffnen im geschützten Raum, das authentische Reden über die eigene Angst. Und das entlastende und motivierende Feedback durch die Gruppe. Es geht nicht um Wissensvermittlung, nicht um therapeutische Übungen oder irgendeine Art von Coaching. Sondern darum, gemeinsam nach einem Weg aus der Problematik zu suchen.

Es sind die Punkte Teilnahmeregeln und finanzieller Beitrag, die die MASH von anderen Selbsthilfeangeboten unterscheidet. Und für die Kerstin Schäffer und ihr Team sich auch immer wieder Kritik anhören müssen. Andere überzeugt der Gedanke dahinter. Dass so ein bisschen Druck durchaus nützlich sein kann und das Konzept funktioniert, zeigen zum Einen die Teilnehmerzahlen: Aktuell treffen sich in den Räumen in der Nähe des Hauptbahnhofes jede Woche 180 Menschen in 18 festen Gruppen.

Dass die Erfolge aber auch über die subjektiven Empfindungen hinaus gehen, das hat die MASH nun sogar in einer Studie untersuchen lassen. Viele der (ehemaligen) Gruppenmitglieder können also nicht nur gefühlt heute besser mit ihrer Angst und/oder Depression umgehen. Sondern es gibt auch wissenschaftliche Belege dafür, dass die Teilnahme mit dazu beigetragen hat, dass es ihnen heute besser geht. Da ist also was dran.

Die MASH, wissenschaftlich untersucht

Selbsthilfe, die ihre Wirksamkeit individuell wissenschaftlich überprüfen lässt, gab es bisher noch nicht oft. Die Münchner Angstselbsthilfe (MASH) scheute als Betroffeneninitiative nicht vor dieser Maßnahme zurück. Ziel war es, die eigene Qualität/Wirksamkeit ihrer Gruppen zu untersuchen und gleichzeitig der Öffentlichkeit den Beweis zu liefern, dass Angstselbsthilfe einen wesentlichen Beitrag dazu leisten kann, das Leben von Betroffenen zu verbessern.[1]

Für die Studie wurden die Teilnehmer*innen zweimal interviewt. Einmal beim Eintritt in die Gruppe und dann erneut nach einem halben Jahr. Befragt wurde u.a. mit Hilfe des Diagnostischen Interviews Psychischer Störungen (DIPS). Dazu füllten alle Studienteilnehmer*innen umfassende Fragebogenpakete aus. Neben Fragen zu ihrer Lebenszufriedenheit und ihrer Stressverarbeitung wurde die Stärke der Angstproblematik aus verschiedenen Perspektiven erfasst.

Das Ergebnis ist eindeutig: Die Angststärke verringerte sich deutlich. In einem Maß, das statistisch hoch-signifikant ist und damit ein valides Ergebnis darstellt. Den Teilnehmer*innen geht es also nach einem halben Jahr besser mit ihrer Angst als zu Beginn der Gruppenteilnahme. Auch das allgemeine seelische Befinden hatte sich verbessert. Damit konnten auch Vorurteile, laut derer es in Selbsthilfegruppen nur darum gehe, soziale Bedürfnisse zu befriedigen und weniger um eine aktive Problembewältigung, ausgeräumt werden.

Auf zu neuen Wegen

Die MASH ist ein tolles Beispiel dafür, dass es nicht immer nur die ausgetretenen Pfade sein müssen, die den Weg zur Selbsthilfe bestimmen. Dass es sich lohnen kann, auch gegen Widerstände den eigenen Werten treu zu bleiben. Besonders wenn diese Werte ihren Ursprung in der eigenen Erfahrung haben. Es zeigt aber leider auch, dass selbst Selbsthilfe nicht frei ist vom Konkurrenz- und Wettbewerbsgedanken.


[1]Für eine ausführlichere Beschreibung der Studie siehe daz Nr. 82, S. 24f. www.angstselbsthilfe.de/die-daz-nr-82-ist-da/

Kerstin Schäffer ist Dipl. Sozialpädagogin und kam 2017 als Gruppenteilnehmerin zu MASH. Seit 2018 arbeitet sie im hauptamtlichen Team und hat im Januar 2019 die Geschäftsführung übernommen. Außerdem leitet sie ehrenamtlich eine Depressionsselbsthilfegruppe bei der MASH. Sie sagt: “Ohne die Selbsthilfe, wäre ich nicht so schnell so weit gekommen. Der Austausch mit anderen Betroffenen war der wichtigste Schlüssel in meinem Entwicklungsprozess. Ich kann heute gut mit meiner Angst/Depression umgehen und habe die Kontrolle zurück erobert. Dabei hat mich die Gruppe sehr unterstützt. Selbsthilfe wirkt, wenn du selbst aktiv wirst und Reden hilft! Ich bin dankbar, dass ich heute bei der MASH andere mit meinen Erfahrungen unterstützen und mich aktiv für die Entstigmatisierung von Angstbetroffen einsetzen kann.”

Foto: MASH

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